Dienstag, 14. Januar 2014

Ein Auslandssemester:
Sechs Monate zuvor.

Studieren: Alles kann, nichts muss. Oder zumindest – viel können, weniger müssen.
Es scheint so, als würde einem dieser Umstand mit der Immatrikulation mitgegeben werden. Keine Anwesenheitspflicht, keine Lernpflicht, kein Irgendwas. Das gilt nicht für alle Studierenden, aber doch für viele, mich mit eingeschlossen. Wir sind weitestgehend eigenverantwortlich unterwegs im Studentenkosmos. Alles, was wir in diesen paar Semestern leisten, muss zum Großteil deshalb gemacht werden, um letztlich auch mal dem Studenten-Dasein Lebewohl sagen zu können – und das mit Abschluss. Beim Auslandssemester ist das nicht anders. Ich KANN meine Studienzeit um eine Auslandserfahrung bereichern, MUSS es aber nicht. Also – wie fast alles im Studentenleben – liegt es auch hier bei einem Selbst zu entscheiden, ob es in die Fremde geht. Am Anfang stehen wir also alle erst einmal vor der einen Entscheidung: Will ich ein Auslandssemester machen?
















Entschieden?! Dann kann es ja losgehen! Genau an diesem Punkt möchte man am liebsten sofort die Reisetasche packen; aber bevor zu Zahnbürste, Badeanzug oder gegebenenfalls Gummistiefel gegriffen werden kann, wartet noch – genau: die Planung: Wohin soll`s gehen und wann eigentlich? Welche Uni und welche Kurse belege ich – und sollte ich in das Studentenwohnheim ziehen oder auf eigene Faust suchen. Viele Sachen, die geklärt werden wollen. Jetzt sind Eigeninitiative, Disziplin, Zeit, Geld und Arbeit gefordert – aber es lohnt sich ja auch. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, um möglichst strukturiert eine Frage nach der anderen zu klären, hilft das International Office der eigenen Hochschule...

Ich möchte ins Ausland – gerne Europa, vielleicht die Türkei?!
Welches Programm kommt für mich in Frage und wann muss ich mit der Planung anfangen?


Und wie geht`s dann weiter mit der Bewerbung?


ECTS anrechnen lassen – geht das so einfach?
Und wie sieht die finanzielle Unterstützung innerhalb des ERASMUS Programms aus?


2.602 Kilometer. Laut Google Maps ist das die Entfernung zwischen Kiel und der Stadt, für die ich mich letztendlich entschieden habe: Istanbul. Ganz schön weit weg. Mit dem Flugzeug entspricht das etwa drei Stunden Flugzeit. Sogar vier, wenn man die eine Stunde Zeitverschiebung mit einberechnet. Die Metropole, ehemals Byzanz und Konstantinopel genannt, ist mit rund 13 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt der Türkei. Zudem liegt sie auf gleich zwei Kontinenten. Asien und Europa treffen hier aufeinander und glaubt man dem Internet, den vielen Reiseführern und den wenigen vor Ort gewesenen Freunden – merkt man das der Stadt auch an. Nicht umsonst wird Istanbul auch als ein Ort der Gegensätze bezeichnet: Zwischen schön und hässlich, alt und neu, reich und arm. Aber wo genau,  das lässt sich dann doch nicht im Vorhinein mittels Google, Wikipedia und Co. ergründen.

Fremdes Land. Fremde Sprache.

Englisch, Französisch, Spanisch und sogar Italienisch: Alles Sprachen, die heutzutage schon zum Standardrepertoire in deutsche Schulen gehören. Nur Türkisch lässt sich auf kaum einem Stundenplan wiederfinden. Und dennoch ist hierzulande kaum eine Sprache, mal abgesehen vom Englischen, so präsent wie die türkische Sprache. Gerade in Großstädten leben viele Türken, die ihre Sprache stolz nach Außen tragen. Ganze Straßenzügen liegen hier scheinbar in Türkischer Hand: Der türkische Kiosk reiht sich an den Obst- und Gemüsehändler, den Döner-Laden unseres Vertrauens und den Barbier, der sich Bart und Männerhaar verschreibt. Und dennoch: Die Türkisch Sprache klingt vielleicht vertraut, unser Wortschatz beschränkt sich aber zumeist auf ein mageres Vokabular.



Ein halbes Jahr bevor es los geht sitze ich im Türkisch-Sprachkurs. Ein Semester, zwei Niveaustufen – viel Arbeit, die da auf einen wartet.  Aber auch Süßes. Unser Türkisch-Sprachlehrer bringt immer mal wieder Naschereien mit, denn wie ein türkisches Sprichwort besagt: „Wer süß isst, spricht süß“.
Was mir im Türkischunterricht schnell auffällt, ist die große Anzahl an Kursteilnehmern mit türkischen Wurzeln: In den Stuhlreihen stellen Deutsche an so manchen Tagen sogar die Minderheit dar. Das klingt absurd? Lässt sich aber nach der ersten Vorstellungsrunde klären: Mutter Türkin, Vater Deutscher, oder anders herum. Und keiner in der Familie, der mit den Kindern türkische Grammatik durcharbeitet –man lebt schließlich in Deutschland. Türkischer Mentalitäten-Schnupperkurs wird hier also gleich mitgeliefert.

Die Zeit tickt, der Flug naht. Hab ich alles erledigt?

Abgesehen von den Hochschulinterna gibt es noch so manches, woran gedacht werden muss: Angefangen beim Beantragen des Visums, der Kündigung laufender Verträge in Deutschland bis hin zum Abschließen der richtigen Versicherung und der Suche nach einer netten Bleibe für die Zeit in Istanbul – das ganze ähnelt mitunter einem kleinen Etappenlauf. Für das Visum müssen alle Dokumente zusammengetragen werden, viel Zeit wird in Wartezimmern oder in Telefon-Warteschleifen abgesessen und tagtäglich müssen Mails gecheckt, beantwortet und neu verfasst werden.

Warum ich also diese erste Reportage in Deutschland schreibe? Genau deswegen. Ein Auslandssemester beginnt eben nicht erst ab dem Tag der Abreise, sondern schon Wochen und Monate zuvor: mit der Planung des Auslandsaufenthaltes. Und wie zeitaufwendig sich das ganze gestalten kann, merkt man ganz besonders, wenn das Abreisedatum fest steht und die Uhr immer lauter zu ticken scheint. Noch knapp zwei Wochen, dann geht mein Flug.  

Infokasten – Do-To`s und Links für die Zeit, bevor es ins Ausland geht:
International Office der FH Kiel:   https://www.fh-kiel.de/index.php?id=110
Infos rund um ERASMUS und Co:    https://eu.daad.de/erasmus/de/