Freitag, 27. Juni 2014

Semesterende: Keyfine bak!

Alle Prüfungen sind geschrieben, die ersten Erasmus-Studenten reisen ab in ihr Heimatland und tägliche Verpflichtungen gehören längst nicht mehr zur Tagesordnung. Uni bitti*, Erasmus bitti – was nicht unmittelbar Istanbul bitti heißen muss. Die letzten Wochen dürfen genutzt werden – und das werden sie auch; zunächst geht`s raus aus der Stadt. Reisen – einmal an das andere Ende der Türkei und wieder zurück.


Bei unserem ersten Reiseziel kann man vielleicht von einem der „Must-Haves“ eines jeden Erasmusaufenthaltes sprechen: Kappadokya. Höhlenarchitektur, unterirdische Städte und sehr viel Grün, das erwartet uns hier. Mit dem Flugzeug geht`s am Abend zunächst nach Kayseri – wohlbemerkt die zweittraditionellste Stadt der Türkei. Um keine Zeit zu verlieren, wollen wir aber noch am selben Abend weiter ins Herz Kappadokiens. Nachdem wegen uns ein andauernder Streit zwischen Bus- und Taxifahrern entfacht (auf Türkisch Streit anzetteln können wir schon), erreichen wir letztlich erst um 1 Uhr Göreme. Schnell eingecheckt in einem der Cave Hotels landen wir ausgehungert im noch einzigen offenen Pub namens Fat Boys, umzingelt von lauter Backpackern. Es gibt Alkohol und englischsprachiges Personal – und schon fühlt sich die Türkei gar nicht mehr wie die Türkei an. Schön ist`s hier trotzdem.

Die folgenden Tage verbringen wir mit Höhlenkirchen bestaunen, durch die Natur spazieren, mit dem Mietwagen über`s Land fahren, essen und Bier trinken, den Sonnenuntergang anschauen und einem Flug mit dem Heißluftballon bei Sonnenaufgang über Göreme und dem Love Valley, der „Viagra City“, wie es die Einheimischen auch nennen.



Nach Kappadokya wartet auf uns der abenteuerliche Teil. Es geht in den Süden, nahe der syrischen Grenze. Hier wird neben türkisch auch arabisch muttersprachlich gesprochen. Erste Station ist Antakya – eine Stadt, in der nicht nur Muslime, sondern auch Christen, Juden und Alewiten zusammen leben.

Nachdem wir einen Tag in Bussen und Busbahnhöfen verbracht haben, erreichen wir am späten Abend unser Ziel; hoffen wir zumindest. Das Antakya auf unserer Karte sieht nämlich zunächst nicht so aus, wie das Antakya vor unseren Augen. Die erste Nacht verbringen wir ungewollt in einem „Bordell-Hotel“ – dass der Reiseführer-Tipp gleichzeitig auch ein Puff ist, war wohl zum Zeitpunkt des Drucks noch nicht der Fall. Am nächsten Morgen wird umgezogen – zu den Katholiken: Angesprochen auf der Straße, landen wir mit ein wenig Skepsis mitten in einem wunderschönen Hinterhof, bei einer Nonne, die vor 40 Jahren in die Türkei kam – und geblieben ist. Die restliche Zeit wird Gutes gegessen wie kebab karaz, tereyağlı humus und kekik salatası; es geht ans Meer, an einen mehr oder minder naturbelassenen Wasserfall  in Harbiye und nach Vakıflı – eines der letzten armenischen Dörfer.

Letzte Station ist Gaziantep – übersetzt „der Glaubenskämpfer der Guten Quelle“. Hier werden wir von  kurdischen Straßentänzen begrüßt, lauschen dem Klirren und Werkeln der Kupferschmiede auf dem Bakırcılar Çarşısı, laufen durch den 100 Yıl Atatürk Kültür Parkı, der sich über mehrere Kilometer erstreckt – und das alles bei gefühlten 40 Grad im Schatten. Schön zu wissen, dass uns in Istanbul Regen erwarten wird: Es geht heimwärts, und das mit vielen Eindrücken und neuen interessanten Bekanntschaften im Gepäck.



***
Keyfine bak! = Enjoy yourself! / Hab Spaß!
bitti = vorbei/ aus
kebab karaz = Cherry Kebab // tereyağlı humus = Humus mit Butter //
kekik salatası = „Rosmarinsalat“


Info zum Reisen in der Türkei:
Busfahren und Inlandsflüge sind im Vergleich zu Deutschland unschlagbar günstig in der Türkei: Flug Istanbul – Kappadokya für umgerechnet 33€ und die Busfahrt Kayserie – Antakya für etwa 17€. Zudem kann man auch planlos in den Urlaub fahren, denn spontanes Buchen verläuft – mit wenig türkischen Sprachkenntnissen und selbstbewusstem Auftreten – in der Regel weitestgehend problemlos – wenn auch nicht „unanstrengend“:

In Busbahnhöfen reißen sich die Busunternehmen nur so um einen; jeder Mitarbeiter erzählt etwas anderes und ein vermeintlich unschlagbares Angebot folgt dem nächsten. Hier sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und im Hinterkopf behalten, dass es nicht nur ausländischen Touristen so geht. Dafür erwarten einen im Bus dann auch Klimaanlage, Kekse, Çay, Wasser und mit etwas Glück eine Spielekonsole mit Filmen, Internet und Angry Birds im Repertoire.  

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